Unterwegs im Gasterntal

Das versteckte Gasterntal hinter Kandersteg beeindruckte 1878 schon Mark Twain auf seiner Reise durch die Schweiz. Auch Kofi Annan, der mit Alt-Bundesrat Adolf Ogi dieses wilde Tal bewanderte, war begeistert. Mit einem Car der Firma Zeltner machten sich 46 Wanderinnen und Wanderern auf den Weg nach Kandersteg.

Gunzgen Acht Teilnehmende besuchten den Blau- oder den Oeschinen-See. Die andern stiegen in drei Kleinbusse von «Kander Reisen» um für die Fahrt durch das schmale und etwas steile Strässchen der «Chluse» (Kanderschlucht) nach Selden, das von der Sonne aus blauem Himmel angestrahlt wurde.

Im Gasthaus Steinbock wurde von der Wandergruppe B der obligate Kaffee mit Gipfeli eingenommen. Dort thront auf einer Holzkiste das sieben Kilo schwere und zehn Zentimeter dicke in Leder gebundene Buch mit Messingbeschlägen mit der Aufschrift «Gasternbibel». Diese kam 1696 ins Gasterntal. Der Landvogt Thormann von Aigle bekam von der Berner Obrigkeit den Auftrag, den Saumpfad über den Lötschenpass auszubessern. Thormann schenkte den Talbewohnern aus Dankbarkeit für die Gastfreundschaft ein solches Exemplar. Die Wandergruppe A unter der Leitung von Jules Strub begann sofort den Weg Richtung Kanderfirn zur Alp Heimritz unter die Füsse zu nehmen, um im dortigen Berggasthof zum Kaffee mit Gipfeli einzukehren. Anschliessend kam sie nach Selden zurück, um der Route der Gruppe B zu folgen. Wandergruppe B von Hugo Moos überquerte die Kander auf einer Hängebrücke und folgte der linken Flussseite talauswärts. Etwas abseits befindet sich eine Felsformation, die an ein menschliches Antlitz erinnert, das «Gasteregesicht».

Nach der Steilstufe von «Staldi» weitet sich das Tal. Der Weg führt nun durch das Auengebiet «Gastereholz» der wild mäandrierenden Kander. Das Gebiet wurde 2012 als «Auengebiet von nationaler Bedeutung» eingestuft und steht unter Naturschutz. Rechts und links türmen sich steile und hohe Felswände des Fisistocks und Balmhorns auf. Inzwischen fand ein Zusammenschluss der beiden Wandergruppen statt; alle genossen auf einem idyllischen Picknickplatz an der Kander das Mitgebrachte aus dem Rucksack. Danach wurde die weite und liebliche Schwemmebene mit dem Hotel-Restaurant Waldhaus erreicht, das – wie könnte es anders sein – ebenfalls besucht wurde. An der Nordwand des Tatelihorns war der Geltenbach zu beobachten, wie er mitten aus einer rund 300 Meter hohen Felswand austritt.

Auf schmalen Wegen durch eine parkähnliche Berglandschaft, immer begleitet von der tosenden, rauschenden und schäumenden Kander wurde die Kanderschlucht erreicht. Durch die enge «Chluse» – wie sie genannt wird – benutzten einige den steil abfallenden und teilweise ausgesetzten Wanderweg immer in unmittelbarer Nähe der sich wild gebärdenden Kander; andere folgten dem schmalen Fahrsträsschen nach Eggeschwand (Kandersteg) im Talboden. Auf dem Parkplatz der Gondelbahn «Sunnbühl» stand der Car bereit, der die Wandergruppen zum Restaurant Ermitage brachte. Der Schlusstrunk wurde zusammen mit den «Blau- und Oeschinensee-Wanderer» eingenommen. Mit der Heimreise endete ein schöner Tag voller interessanter Eindrücke.

Hugo Moos